Die Lage der Welt und der einzelnen Nationen ist miteinander verbunden. Dies ist seit diversen Finanzkrisen, in der Corona-Pandemie und angesichts von Überflutungen, Hitzeperioden und Umweltkatastrophen im Rahmen der Klimakrise nochmals sehr deutlich geworden.
Die Gesellschaften in den einzelnen Ländern und die Weltgemeinschaft haben nun die Möglichkeit, entweder angesichts dieser Krisen mit nationalistischer/rassistischer Abschottung nach außen und innen zu reagieren sowie der fortgesetzten Ausbeutung von Menschen, Tieren und Rohstoffen fortzufahren.
Oder es können Strategien der Solidarität und Gemeinsamkeit angewandt werden, wo Menschen, Tiere und Rohstoffe schonend und respektvoll behandelt werden und solidarische Lösungen angesichts weltweiter und lokaler Ungerechtigkeit und der genannten Bedrohungen im Zentrum stehen.
Riane Eisler hat zwischen kooperativen und gleichberechtigten Handlungs- und Beziehungsmustern, einem Partnerschaftssystem, und hierarchischen und gewaltvollen Handlungs- und Beziehungsmustern unterschieden, einem Dominanz-System (vgl. Eisler/ Fry: Nurturing Our Humanity (2019): How Domination and Partnership Shape Our Brains, Lives, and Future)
In Europa und Deutschland wächst die Zustimmung zu nationalistischen und auf Egoismus von Teilgruppen beruhenden Antworten. Dies ist zum einen an der steigenden Zustimmung zur rechtsextrem/rassistischen Partei AfD zu erkennen, die bewusst Bezug zu Ideologien des Nationalsozialismus nimmt. Zum anderen ist es die Zustimmung der großen Koalition sowie CDU/CSU zu weiteren Verschärfungen des Asylrechtes, welche angesichts globaler Flucht vor Gewalt, Hunger und Klimakatastrophen mit Menschenrechtsverletzungen und Abschottungspolitiken und Internierungsplänen antworten. Was diese große Gruppe der Ausbeutungs- und Abschottungsbefürwortenden verschweigt: Sie schaden sich selbst.
Die Nationalist*innen und Rassist*innen in Deutschland wissen um die Alterung der Gesellschaft und damit verbundenen erhöhten Pflegebedarf, wissen um den Fachkräftemangel in sehr vielen Branchen wie Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern, Landwirtschaft sowie Handwerk sowie Industrie und IT. Während die Wirtschaft auf attraktive Regelung für Zuwanderung und Bleiberecht setzt, um Arbeitskräfte zu gewinnen, setzen Bundesregierung und weite Teile der Opposition auf nur minimal erleichterte Fachtkräftezuwanderung und harte Abwehr gegenüber Menschen, die vor Gewalt, Krieg, Klimakatastrophen und Hunger fliehen. Und den doch nach Deutschland kommenden geflüchteten Personen wird es, bis auf diejenigen aus der Ukraine, schwergemacht, Kindergarten-, Schul-, Ausbildungs- und Arbeitsplätze oder Wohnungen zu finden.
Geflüchtete Personen wollen sich bilden und arbeiten, doch nationalistisch/rassistische bürokratische Hürden sowie Rassismus in den Bereichen Bildung und Arbeit verhindern eine viel bessere berufliche und soziale Integration. Anstatt Menschen an den Grenzen und im Land Möglichkeiten zu geben, die für alle hilfreich sind (Deutschland braucht Arbeitskräfte), werden Menschen abgewehrt und Arbeitsmöglichkeiten verhindert. Nationalismus und Rassismus schaden Deutschland, ebenso wie der ganzen Welt. Großbritannien erlebt dies intensiv nach dem Brexit.
Es braucht gemeinsame und solidarische Wege im globalen, nationalen und lokalen Miteinander und diese sind möglich. Einige einfache Beispiele: Grundnahrungsmittel müssen weltweit stabile niedrige Preise haben und von den Aktienmärkten genommen werden, wie der ehemalige UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung und Kritiker des Ausbeutungs-Kapitalismus Jean Ziegler seit Jahren fordert (Jean Ziegler 2005: Das Imperium der Schande).
Arbeitsmöglichkeiten, Krankenversicherung und Aufenthaltserlaubnis können für alle geflüchteten Personen gelten, ebenso wie für die Menschen aus der Ukraine. Studien belegen, dass die Gesundheits-/Krankenkassenkarte sowohl für eingewanderte Personen sowie die Behörden und das Gesundheitssystem finanziell günstiger und arbeitssparender sind als ein System, wo jeder Arztbesuch beantragt werden muss (vgl. Katja Lindner 2022: Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden in den Bundesländern. Rahmenbedingungen und Reformbedarf). Viele Arbeitsplätze können schnell besetzt werden, seitdem komplizierte Überprüfungen der EU-/Deutschen Vorrangs-Regelung entfallen, allerdings unterliegen Asylsuchende aus „sicheren Herkunftsstaaten“ die ganze Zeit während des Asylverfahrens einem Beschäftigungsverbot (htts://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/arbeit-und-ausbildung.html ).
Die Ausbeutung armer Länder führt zu vermehrten Umweltschäden, gewalttätigen Konflikten und Migrationsbewegungen. Wenn z.B. EU-Subventionen für Exporte von Nahrungsmitteln in Drittländer und die Milch- und Fleischproduktion gestrichen werden, vermeidet dies z.B. den Export von Milch und Fleisch in Nicht-EU-Länder, wo die lokale Landwirtschaft, die Märkte und die Preise angegriffen werden (Welthungerhilfe 2019: Jenseits von Hühnerteilen).
Solidarität ist hier erst einmal eine Vermeidung von Ausbeutung und ungerechten Wirtschaftsbeziehungen. Und es braucht legale und sichere Flucht-/Migrationswege und umfassende Seenotrettung. Europa und Deutschland braucht systematische Zuwanderung. Dies ist neben der Achtung der Menschenrechte von Menschen, die aus dem eigenen Land fliehen, auch zu berücksichtigen.
Solidarität ist nicht nur die freiwillige Hilfe von Personen mit mehr Möglichkeiten an Menschen mit weniger Möglichkeiten. Solidarität ist auch eine menschliche Pflicht gegenüber Menschen in Not – und sie nützt Europa und Deutschland.
Solidarität und Gemeinsamkeit nutzt eben stets nicht nur den andern Menschen, sondern auch uns selbst. In diese Richtungen können wir Lösungen finden, denn Ausbeutung und Nationalismus/Rassismus führen nur zu immer mehr Ungerechtigkeit, globaler und lokaler Armut, Gewalt und Krisen.