Was wir in den ganzen letzten Jahren bis heute erlebt haben, sind die Anweisungen der Regierung dies und jenes zu tun oder dies und jenes so zu denken wie es vorgeschrieben ist, aber wir erleben auch, dass die Mehrzahl der Bevölkerung vertrauensvoll einwilligt, obwohl diese Anweisungen der Regierung den Interessen der Bevölkerung diametral entgegenstehen oder ihnen sogar widersprechen. Das gilt sowohl für die ruinösen Folgen der Pandemieinszenierung als auch für die desaströsen Folgen der Politik der Sanktionen gegen Russland.
Die entscheidenden gesellschaftlichen Vermittler von Informationen, Wahrnehmungen und Meinungen sind die Medien. Und oft sind sie sogar deren Produzenten. Sie entfalten deren Macht aufs höchste, allein dadurch, dass sie ihnen die größte Verbreitung verschaffen. Durch sie erreichen ihre Botschaft mehr als nur den einen Angesprochenen (oder vielleicht das anwesende Auditorium), Sprecher und Angesprochene sind nicht darauf angewiesen einander unmittelbar gegenüber zu treten, sondern sind – imaginär – miteinander verbunden: vermittelt durch die Medien.
Der Macht der Medien, bzw. der durch die Medien vermittelte Macht, sieht man ihre Macht nicht an. Sie wirkt nicht – oder nur im Grenzfall – durch Drohung, Befehl oder Vorschrift, sondern sie wirkt durch „Überzeugung“, durch Behauptung, Belehrung, durch „Zeigen“ – durch die Register des Redens – und des Verschweigens, Versteckens, einfach dadurch, dass man in den Diskurs einsteigt und sich gemäß seiner Regeln in diesem Diskurs bewegt (s. Foucault 1982/1987, S. 255).
Die überwältigende Bedeutung dieser Macht des Diskurses konnten wir in der gegenwärtigen Pandemie-Inszenierung beobachten. Es genügt die bloße Behauptung einer alle und alles erdrückenden Gefahr, um eine ganze Bevölkerung in reflexhafte Unterwerfung unter unsinnigste Anweisungen zu bewegen.
Der Diskurs kann eine Krise, durchaus eine ökonomische Krise erzeugen, indem er Anordnungen setzt, die die Ökonomie zum Zusammenbruch führen, wie wir gesehen haben. Das bewirkt der Diskurs allerdings nur in den Händen der Macht. Es waren die Mächtigen, die Inhaber der Macht–Positionen der Gesellschaft, in Politik und Medien, die die Macht des Diskurses einsetzen konnten, um diese Wirkung zu erzielen. Der Diskurs allein, in den Händen kritischer Intellektueller, „alternativer“ Medien konnte das nicht. Kein einziges Argument von dieser Seite, kein noch so gründlicher differenzierter Nachweis, kein noch so wissenschaftlicher Beleg konnte die Wirkung des Diskurses in den Händen der Macht brechen oder auch nur schwächen.
Es sind bekanntlich die Meinungen der Herrschenden, die in einer Gesellschaft die herrschenden Meinungen sind (Marx). Ihre Macht gewinnen sie aber erst dadurch, dass die Masse der Beherrschten sie als ihre Meinung übernehmen, ihnen gemäß handeln. Damit das geschieht, muss es ihnen etwas bedeuten, die Meinung zu übernehmen. Bloße Wiederholung der Verkündigung der Meinung genügt nicht. Sie müssen sich etwas davon versprechen, die Meinung zu vertreten, etwas, was ihnen wichtig genug ist, darauf einzugehen, eine Begründung für die Übernahme der Meinung.
Der Diskurs der Macht muss das Subjekt berücksichtigen, muss es überzeugen. Die Möglichkeit dazu liegt in der Struktur der Sprache, die dem Sprechen die Möglichkeit des Ver-Sprechens, der „Doppelzüngigkeit“ bietet, etwas anderes zu sagen als man meint, und ohne feste Beziehung zum in Rede stehenden Handeln „verstecken durch zeigen“ (Bourdieu (1996).
Dies macht die Sprache zum wirksamsten Mittel der Herrschaftsausübung – der „soften“, „smarten“ Gewalt, die das Subjekt seines Subjekt-charakters nicht beraubt, das Subjekt als Subjekt anspricht, affirmiert – im Unterschied zur handfesten, gewalttätigen Gewalt, Polizei oder Militär oder ökonomischer Macht.
Für die Übernahme der Parolen des Diskurses der Macht ist es entscheidend, dass die Parolen als eigene ausgegeben werden, um gehorchen zu können. Wir müssen also das Gehorchen verleugnen: Wir tun so, als folgten wir dem eigenen Befehl. Darin realisiert sich Subjekt als Herr seines eigenen Sprechens und Handelns.
Die bereits im Gespräch zwischen zweien mögliche Differenz zwischen Versprechen und Erfüllung wird im Diskurs der Macht zum Gegensatz gesteigert, zur Verkehrung ins Gegenteil: Verkehrung von Krieg und Frieden, Verkehrung von Ursache und Wirkung, Aktion und Reaktion. Beispiele: die Bezeichnungen „Sicherheits-Konferenz“, „Verteidigungs-Ministerium“, „Innere Sicherheit“, Verantwortung für „Deutschland“ usw. Im Fall der Corona-„Krise“ 2020 erreichte diese Verkehrung ihren bisher schwindelerregenden Höhepunkt: die zum Schutz der Bevölkerung erklärten Maßnahmen bedeuteten die Außerkraftsetzung der Grundrechte der Bürger. Der Vergleich mit George Orwells 1984 drängte sich auf: der Hexensabbat von „Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke“ – die Verkehrung aller Begriffe in ihr Gegenteil. „Zu ihrem Schutz“ wurde die Anordnung begründet, ältere Menschen abzusondern. Aus „Solidarität“ wurde die fraglose Übernahme der Parolen, der Ansagen der Regierung – die „Volksgemeinschaft“ war nicht weit entfernt. „Verantwortungslos“ wurde nun genannt, wer sich nicht bedingungslos „gleichschaltete“.
Er war ein großes Experiment über die Wirkungsweise des Diskurses der Macht: Eine arglose, nichts ahnende Bevölkerung wird ohne jede Vorbereitung „über Nacht“ dazu gebracht, alles zu vergessen, was ihr bisher wichtig gewesen war: alle Ziele, alle Bewegungen, alle Geschäfte, alle Kontakte – sozusagen wie durch einen „Blitzkrieg“, an dessen Morgen sie sich die Augen reiben: so schnell war die „Schwarze Null“ noch nicht vergessen, wie im atemberaubenden Auflegen der Finanz-Rettungspakete das Etappenziel gesichert worden war und Unterwerfung nur noch als Übersprungshandlung offen stand: als das Annehmen neuer Regeln des (Nicht-)Kontakts: den anderen nicht zu nahe an sich heranzulassen, ja ihn zurückzuweisen, wenn er mir zu nahe kommt, überhaupt misstrauisch gegen jeden, die bisherigen Regeln lauthals zu sanktionieren, z.B. bisher übliche Einkaufgewohnheiten als „Hamsterkauf“ zu diffamieren, das nicht sofort einwilligende Denken zum Feind zu erklären.
Einzig die Aggressivität, mit der die Übernahme der Parolen durch die mobilisierten Bürger verteidigt wird, bis hin zum Blockwartverhalten und angefeuert durch die Aufforderung zur Denunziation durch die „Maschinengewehre hinter der Front“ (Freud 1920), zeugt von der Anstrengung der Verleugnung, die diese aufwenden müssen, um sich vor der Erkenntnis zu schützen, dass sie „Opfer fremder Machtgelüste“ geworden waren (Adler 1919, S. 129).
Der Zynismus, mit dem dieses Experiment durchgeführt, ja geplant worden war, wird bestätigt durch den Zynismus der Schriften und Äußerungen der Protagonisten und Propagandisten der Pandemieinszenierungen, allen voran Klaus Schwab, dem Organisator des Weltwirtschaftsforum Forums (WEF), bekannt durch seine jährlichen Treffen in Davos, das diejenigen versammelt, die sich selbstbewusst „Entscheider“ in Politik und Wirtschaft nennen. Das letzte Buch von Schwab (2020) ist tatsächlich ein beispielhaftes Dokument, nicht nur eine Wortmeldung, sondern eine Keynote des Diskurses der Macht, mit der er die Katze aus dem Sack läßt, indem er alles, was wir in den letzten Monaten erlebt haben, bereits als „unvermeidliche Entwicklung“ beschreibt: „unvermeidlich“ wird es zu einer Vernichtung einer unvorstellbar großen Anzahl kleiner und mittlerer Betriebe kommen, werden Millionen Arbeitslose entstehen, werden Generationen in beispiellosem Leid leben müssen – alles als Folge von Covid 19. Er, einer der wichtigsten Akteure in dieser Inszenierung, stellt deren Ergebnisse als Folge einer „Pandemie“ dar, für die er selbst keinerlei Verantwortung übernimmt. Und – auch das ist für die Wirkung des Diskurses der Macht unverzichtbar – Schwab verspricht als Licht am Ende des Tunnels eine Gesellschaft, in der wir alle glücklich sein werden, auch wenn wir weder über Besitz verfügen werden noch über uns selbst. Er nennt diese Dystopie nicht „Schöne neue Welt“.
Adler, Alfred (1919). Die andere Seite. Eine massenpsychologische Studie über die Schuld des Volkes. Verlag von Leopold Heidrich, Wien, in: Alfred Adler Studienausgabe. Band 7: Gesellschaft und Kultur (1897-1937) hrsg. v. Almuth Bruder-Bezzel. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2009, S. 139-151
Bourdieu, Pierre (1996). Sur la télevision. Liber – Raison d´agir. 1996 [dt.: Über das Fernsehen. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1998]
Foucault, Michel (1982). The Subject and Power. In Hubert L. Dreyfus & Paul Rabinow (Eds.), Michel Foucault: Beyond Structuralism and Hermeneutics. Chicago, 2o8-226 [dt.: Das Subjekt und die Macht. In: Hubert L. Dreyfus & Paul Rabinow (Hrsg.): Michel Foucault: Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik. Frankfurt/M. 1987, 241-261].
Freud, Sigmund (1920). Über Kriegsneurosen, Elektrotherapie und Psychoanalyse. Auszug aus dem Protokoll des Untersuchungsverfahrens gegen Wagner-Jauregg im Oktober 1920. Psyche 26,1972,939-951
Schwab, Klaus & Thierry Malleret (2020) Covid-19: The Great Reset (Geneva: WEF, 2020).
Klaus-Jürgen Bruder, Prof. Dr. phil. habil., ist Psychoanalytiker, Professor für Psychologie an der Freien Universität Berlin und erster Vorsitzender der Neuen Gesellschaft für Psychologie (NGfP). Wichtigste Publikationen: Lüge und Selbsttäuschung (mit Friedrich Voßkühler) (2009, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht), Subjektivität und Postmoderne. Der Diskurs der Psychologie (1993, Frankfurt/M.: Suhrkamp), Jugend. Psychologie einer Kultur (mit Almuth Bruder-Bezzel) (1984, München: Urban & Schwarzenberg) und Psychologie ohne Bewußtsein. Die Geburt der behavioristischen Sozialtechnologie (1982, Frankfurt/M.: Suhrkamp).