Dass in den USA Donald Trump, ein ungebildeter, polternder Immobilien-Tycoon Präsident wurde, war sozusagen ein „Ausrutscher“. Er gehört zwar dem Geldadel an (geschätztes Vermögen nach Forbes: 2,5 Milliarden US-Dollar), wandte sich jedoch gegen das Establishment, auch Tiefer Staat genannt. Das machte ihn zum Staatsfeind Nr 1. In einer Rede kurz vor seiner Wahl sagte Trump:
„Unserer Bewegung geht es darum, ein gescheitertes und korruptes politisches Establishment durch eine Regierung zu ersetzen, die von euch, dem amerikanischen Volk, kontrolliert wird. Das Washingtoner Establishment, sowie die Finanz- und Medienunternehmen, die es finanzieren, existieren nur aus einem Grund: um sich selbst zu schützen und zu bereichern! Die, die in Washington Macht haben und die Lobbyisten verbünden sich mit Menschen, die nicht euer Glück im Blick haben. Unsere Kampagne steht gegen eine echte, existenzielle Bedrohung, wie sie sie noch nicht zuvor gesehen haben! Hier geht es nicht nur um eine Wahl für vier Jahre. Dies ist ein Scheideweg unserer Zivilisation. (…) Die Medien in unserem Land haben nichts mehr mit Journalismus zu tun, sie sind politische Interessenvertretungen …“1
Donald Trump wusste offensichtlich, wovon er sprach. In seiner Antrittsrede richtete er sich als neuer Präsident der Vereinigten Staaten am 20. Januar 2017 an das amerikanische Volk und erklärte nach mehrmaliger Erneuerung seines Anspruchs „America first!“: „Wir übertragen die Macht von Washington zurück an euch, das Volk.“2 In ungewöhnlich scharfer Weise nahm er Stellung gegen die Politik seiner zur Vereidigung erschienenen Vorgänger:
„Zu lange hat eine kleine Gruppe hier, in der Hauptstadt unseres Landes, die Früchte eingefahren, während die Menschen da draußen dafür bezahlt haben. Washington ging es gut, aber die Menschen konnten an diesem Wohlstand nicht teilhaben; den Politikern ging es gut, aber die Arbeitsplätze wanderten ab und die Fabriken wurden geschlossen. Das Establishment hat sich nur selbst geschützt, aber nicht die Bürger unseres Landes. Ihre Siege waren nicht die Siege des Volkes, ihre Siege waren nicht eure Siege. Während sie hier gefeiert haben, in der Hauptstadt eures Landes, gab es für ganz viele Familien da draußen im ganzen Land wenig zu feiern. Das alles ändert sich gerade hier und jetzt.“
Damit erklärte Trump der Machtelite in den USA den Krieg. Er kündigte an, keine Interventionskriege mehr zu führen, Frieden mit Russland herzustellen und die amerikanischen Soldaten aus Syrien abziehen. Und er fuhr fort:
„Wir werden die Freundschaft und das Wohlwollen aller Nationen auf der Welt suchen, aber wir machen das in dem Wissen, dass es das Recht aller Nationen ist, ihre eigenen Interessen an die erste Stelle zu setzen. Wir möchten unsere Lebensart niemandem vorschreiben, aber wir lassen sie als leuchtendes Beispiel dastehen (…) Die Bibel lehrt uns, wie schön es ist, wenn die Völker Gottes friedlich zusammenleben.“3
Bereits in einem Interview mit der New York Times am 23. November 2016 hatte Donald Trump gesagt: „Ich denke, in den Irak zu gehen, war einer der größten Fehler in der Geschichte unseres Landes. Syrien – wir müssen das Problem lösen, weil wir ständig dabei sind zu kämpfen, immer zu kämpfen. (…) Ich möchte gern mit Russland gut auskommen und ich denke, dass auch Russland gerne mit uns gut auskommen möchte. Das ist in unserem gemeinsamen Interesse …“4
Doch schon wenige Monate nach seiner Wahl war Trump von der Washingtoner Realität eingeholt worden und von „Beratern“ und einer Administration umstellt, die ihn in wesentlichen politischen Fragen beeinflussten oder boykottierten. Die führenden westlichen Politiker und ihre Leitmedien hatten die Bellizistin Hillary Clinton favorisiert und den polternden, oft jeglichen Anstand vergessenden Trump – insbesondere wegen seiner beabsichtigten Annäherung an Russland – systematisch verteufelt. Der unberechenbare, neurotische Trump wurde zu einer Unperson, wozu er beitrug.
Zu Anfang seiner Präsidentschaft versuchte Trump noch, seine in der Antrittsrede geäußerten Absichten durchzusetzen, doch er stieß dabei auf heftigsten Widerstand des US-Establishments und dessen Hilfskräfte. Seit seinem Amtsantritt war ihm von seinen Gegnern vorgeworfen worden, er habe illegale Kontakte nach Russland unterhalten und sich vom „russischen Regime“ bei den Präsidentschaftswahlen unterstützen lassen. Sonderermittler Robert Mueller, der am 17. Mai 2017 mit der Aufklärung der Vorwürfe beauftragt worden war, schloss die Untersuchungen im März 2019 mit der Erklärung ab, eine Verschwörung mit dem Kreml sei nicht nachweisbar.5
Damit nicht genug. Anfang Oktober 2019 wurde ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump eingeleitet, weil er den ukrainischen Präsidenten Wolodymir Selenskyj und auch die chinesische Regierung in Telefongesprächen aufgefordert haben sollte, Korruptionsermittlungen gegen den ehemaligen US-Vizepräsidenten Joe Biden und seinen Sohn Hunter Biden zu veranlassen.6 Gegen Biden und seinen Sohn wurde in den USA nicht ermittelt.
Trump sollte zu Fall gebracht werden. Seine guten Vorsätze blieben allmählich auf der Strecke. In der Weltpolitik unerfahren und ständig attackiert, zeigte er sich mehr und mehr von seiner aggressiven und chaotischen Seite. Er begann zwar keine neuen Kriege wie seine Vorgänger, aber er forcierte die Aufrüstung und kündigte friedensbewahrende internationale Verträge. Er ging mit Wirtschaftssanktionen weiterhin gegen Russland sowie den Iran, Venezuela, Syrien und den Konkurrenten China vor, und er stärkte dem britischen Premier Boris Johnson den Rücken beim Austritt aus der Europäischen Union.
Innenpolitisch gebärdete sich Trump diktatorisch. So wies er während der Aufstände wegen der Ermordung des Afroamerikaners George Floyd in Minneapolis durch vier Polizisten die Polizei an, schärfstens durchzugreifen,7 bei weiteren Demonstrationen drohte er mit Waffengewalt und dem Einsatz von Militär.8 Er setzte Steuersenkungen für Reiche durch und wollte die von Obama eingeführte Krankenversicherung abschaffen.
Schließlich disqualifizierte er sich während des Wahlkampfes 2020, als er in einer Rede zum Auftakt erklärte: „Wenn die Linken an die Macht kommen, werden sie die Vorstädte zerstören und eure Waffen konfiszieren (…) Biden ist ein trojanisches Pferd für den Sozialismus.“9 Damit lieferte Trump erneut einen Beleg für seinen Populismus und die Fehleinschätzung seiner politischen Gegner. Biden als Sozialisten einzuschätzen, war an Absurdität nicht zu überbieten.
Am 7. November 2020 wurde von den Medien noch vor Abschluss der Zählungen ein vorläufiges Ergebnis der Präsidentschaftswahl bekanntgegeben, wonach eine knappe Mehrheit der Stimmen auf Joe Biden entfiel, der sich noch vor der Feststellung des amtlichen Ergebnisses als neuer Präsident ausrief. Nicht die staatlichen Wahlleiter verkündeten das Ergebnis, sondern die privaten Fernsehsender. Damit sollten die vom US-Establishment gewünschten politischen Fakten geschaffen werden, bevor die offiziellen Ergebnisse der Einzelstaaten vorlagen.
Joe Biden ist der Garant für die Fortsetzung der unipolaren, friedensgefährdenden Außenpolitik der Präsidenten Bill Clinton, George W. Bush und Barack Obama. Unter den Ersten, die ihm gratulierten, obwohl er noch nicht gewählt war, waren Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Donald Trump bestritt das Ergebnis der Auszählungen und reichte Klagen wegen Wahlfälschungen ein.
Quellen
- Zit. wie YouTube, 24.10.2016, www.youtube.com/watch?v=mX19dy5_08o (2.11.2020) ↩
- Donald Trump, zit. wie www.youtube.com/watch?v=TPDWyVPZcBQ ↩
- Ebd. ↩
- The New York Times, 23.11.2016, www.nytimes.com/2016/11/23/us/politics/trump-new-york-times-interview-transcript.html?_r=0 (23.11.2016) ↩
- Siehe dazu Wolfgang Bittner: Der neue West-Ost-Konflikt – Inszenierung einer Krise, Westend, Frankfurt am Main 2019, S. 242 ff. ↩
- Vgl. Handelsblatt v. 6.10.2019; sowie: Spiegel Online, 2.10.2019, www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-affaere-drei-szenarien-fuer-donald-trump-a-1289629.html ↩
- Zeit Online, 3.9.2020, www.zeit.de/politik/ausland/2020-09/black-lives-matter-joe-biden-klagen-donald-trump-drohung (6-11-2020) ↩
- Süddeutsche Zeitung, 2.6.2020, www.sueddeutsche.de/politik/trump-militaer-washington-floyd-1.4924335 (6.11.2020) ↩
- Zit. wie Tagesschau, 28.8.2020, www.tagesschau.de/sendung/tagesschau/ (28.8.2020) ↩