Nach Berlin: Die Opfer nicht zu Tätern machen!
Das Phänomen ist keineswegs neu, doch nach dem Berliner Terroranschlag vom 19. Dezember aktueller denn je: Statt zunächst mit Opfern und Ängsten mitzufühlen, statt dann die Tat zu analysieren und die Täter zu identifizieren, stellen interessierte Akteure in Politik und Medien regelmäßig und umstandslos gleich ganze ethnische oder religiöse Gruppen unter Kollektiv- und Generalverdacht. Weshalb? Weil es ihnen offenbar nicht primär um gemeinsame Tataufklärung und Gefahrvermeidung geht, sondern um spalterische Vorurteilshaftigkeit und Hysterie. Weil sie auf Wählerstimmen und Absatzzahlen am rechten Rand unserer Gesellschaft spekulieren, wo die Welt statt über Erfahrungen und Fakten oft nur mehr über Stereotypen und Emotionen erlebt. Weil nicht verstanden wird, dass nicht „die“ Flüchtlinge den Terrorismus aufsuchen, sondern dass der Terrorismus sich manchmal Flüchtlinge oder Muslime als Täter aussucht – manchmal aber eben auch Biodeutsche oder Christen. Darüber aufzuklären, um die Ängste zu verringern und die Gesellschaft zu stärken: Das bleibt vornehmste Aufgabe eines guten Journalismus in schwierigen Zeiten!