Anja Bensinger-Stolze (Vorsitzende)
Fredrik Dehnerdt (Erster stellv. Vorsitzender)
Mit Bestürzung und Unverständnis hat die GEW zur Kenntnis genommen, dass das Studium Türkisch auf Lehramt an der Universität Hamburg seit dem Wintersemester 2014/15 eingestellt worden ist.
Dieser Entschluss der Universität ist unserer Meinung nach eine Fehlentscheidung, da der türkischen Sprache ihre gesellschafts-und integrationspolitische Bedeutung entzogen wird. In Hamburg gibt es rund 15.000 Schüler_innen, die zu Hause hauptsächlich oder vorrangig Türkisch sprechen. Die türkische Sprache ist dadurch ein Teil der zweisprachigen Kompetenz dieser Schüler_innen. Eine Einstellung des Studienganges Türkisch auf Lehramt hat zur Folge, dass die türkisch-deutsche Zweisprachigkeit der Schüler_innen nicht weiter ausgebaut werden kann. Somit wird einer bilingualen Erziehung entgegen gewirkt. Das hat zur Folge, dass die gesellschaftliche, politische sowie ökonomische Teilhabe von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund aus dem Blickfeld der hamburgischen Integrationsmaßnahmen genommen wird. Es wird der Eindruck vermittelt, die türkische Sprache sein keine Bildungssprache und könne abgeschafft werden.
Die Universität rechtfertigt ihre Entscheidung dadurch, dass die Anzahl der freien Studienplätze für das Fach Türkisch auf Lehramt nicht ausgeschöpft wird. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass die Zulassungskriterien für das Türkischstudium hinderlich sind. Um das Fach Türkisch mit einem weiteren Fach studieren zu können, wird ein Notendurchschnitt von 1,9 benötigt. Hierzu fordern wir gesonderte Zugangsregelungen, welche die besondere Situation der türkischsprachigen Bewerber_innen berücksichtigen.
Es ist sinnvoll und notwendig die Ausbildung von Lehrkräften für das Fach Türkisch, neben einem zweiten Unterrichtsfach, zu erhalten. Dafür spricht vor allem die gesellschafts- und integrationspolitische Bedeutung des Türkischen. Türkischlehrer haben an Hamburger Schulen einen besonderen Stellewert, da sie als Sprachen- und Kulturmittler eine Brücke zwischen der Schule und dem Elternhaus bauen können. Deshalb fordern wir, dass das Fach Türkisch als Teil des herkömmlichen Fremdsprachenangebots an den Schulen weiter gestärkt wird. Dafür brauchen wir hier in Deutschland ausgebildete Türkischlehrkräfte, die hier selbst zweisprachig soziolasiert sind, das deutsche Schulsystem und die Erziehungsvorstellungen der Eltern kennen.
Es geht uns als GEW darum, dass die bildungspolitischen Ziele der Förderung der Zwei- und Mehrsprachigkeit, wie sie im Integrationskonzept verankert sind, umgesetzt werden und keine Lippenbekenntnisse bleiben.
Die Aussage der BSB, es gäbe nur eine geringe Nachfrage für Türkisch an Hamburger Schulen, ist unserer Einschätzung nach nicht richtig. Eine Beratung der Eltern und Schüleri_innen durch in Hamburg ausgebildete Türkischlehrkräfte, kann unserer Meinung nach die Wahl des Faches Türkisch weiter erhöhen, da diese Kolleg_innen selbst zweisprachig als Vorbilder angesehen werden.
Die Sprache ist eine der größten und bedeutendsten Potenziale des Menschen. Wird der Türkischen Sprache institutionell der Status einer Bildungssprache aberkannt, indem keine weiteren Lehrkräfte in Hamburg ausgebildet werden, ist eine negative integrationspolitische Wirkung zu erwarten.
Wir als GEW erwarten vom Hamburger Senat, die Internationalität und das Alleinstellungsmerkmal der Hamburger Universität im norddeutschen Raum durch das Studienfach Türkisch auf Lehramt, durch die zur Verfügungsstellung von finanziellen Mitteln aufrechtzuerhalten. Es ist die bildungs- und gesellschaftspolitische Aufgabe des Senats sich dafür einzusetzen.